„Der Ausbau der Qualität in den Kindertagesstätten muss gesichert sein“ –
Maria Peil über die Zukunft der Kindertagesbetreuung in Zeiten politischer Unsicherheit
Teil 2
Thema: Kindertagesbetreuung
Interview mit Maria Peil
(Bereichsleitung Kitas und Familienzentren des Albert-Schweitzer-Kinderdorf Berlin e.V.)
Frage 1: Die AfD hat sich wiederholt gegen eine umfassende Förderung von Kitas ausgesprochen. Welche konkreten Auswirkungen erwarten Sie auf die frühkindliche Betreuung und Bildung, wenn diese politische Richtung an Einfluss gewinnt?
Maria Peil: Die AfD setzt laut Parteiprogramm einen Schwerpunkt auf die finanzielle Förderung der innerfamiliären Betreuung für Kinder unter 3 Jahren. Sie betont, dass „bei Kindern unter drei Jahren eine Fremdbetreuung mit Entwicklungsrisiken verbunden“* sei.
Aufgrund dieser klaren Positionierung gehe ich von einer Reduzierung der finanziellen Mittel für die Kindertagesbetreuung aus, was die Sicherung aber vor allem auch den Ausbau der Qualität in Kindertagesstätten stark gefährden würde. Dabei braucht es dringend themenspezifische Fortbildungen für Fachkräfte und den Ausbau an Angeboten, um den Herausforderungen von Familien und Kindern gerecht zu werden. Kindertagesbetreuung richtet sich nicht nur an die Kinder, sondern nicht zuletzt auch an deren Eltern. Ich bin fest davon überzeugt, dass gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte gemeinsam mit Eltern bessere Bedingungen für die Entwicklung von Kindern schaffen können. Es zeigt sich im Alltag immer wieder, dass diese Form der Bildungspartnerschaft gewinnbringend für Kinder ist und Familien dankbar diese Form der Unterstützung annehmen. Bei Themen wie z.B. altersgerechter Umgang mit Medien wünschen Eltern sich gezielt die Unterstützung durch geschulte Fachkräfte und praktischen Input für die innerfamiliäre Umsetzung.
Frage 2: Sehen Sie dadurch eine Gefährdung der gelebten Diversität in der Kindertagesbetreuung?
Maria Peil: Die Kinder innerhalb unserer Kindertagesstätten erleben Vielfalt und Diversität. Unser pädagogisches Team sowie die betreuten Familien sind multikulturell und die Kinder wachsen in unterschiedlichsten Familienmodellen auf. Innerhalb der Gemeinschaft wird Individualität akzeptiert und Unterschiede als Ressourcen wahrgenommen.
Programminhalte der AfD widersprechen deutlich dem Ansatz der Diversität und Selbstbestimmung. Aufgrund der klar formulierten Forderungen der AfD sehe ich dieses durch Menschlichkeit und Akzeptanz geprägte Zusammenleben innerhalb unserer Kindertagesstätten als bedroht an. Dabei sind es doch die Kinder, die uns vorleben, was es bedeutet ohne Vorurteile aufeinander zuzugehen und zu erkennen, wieviel uns trotz aller Unterschiede doch eint.
Im Sinne unseres Namensgebers Albert Schweitzer, möchte ich folgendes Zitat anbringen: »In keiner Weise dürfen wir uns dazu bewegen lassen, die Stimme der Menschlichkeit in uns zum Schweigen bringen zu wollen. Das Mitfühlen mit allen Geschöpfen ist es, was den Menschen erst wirklich zum Menschen macht.«
Ich wünsche mir, dass wir uns wieder auf diese Menschlichkeit besinnen und die Fortschritte der letzten Jahre nicht durch einzelne politische Vorgaben wieder einreißen.
Dieses Interview wurde geführt von Annika Mecke.
Lesen Sie hier den ersten Teil des Interviews mit Geschäftsführerin Catharina Woitke.
*https://www.afd.de/wahlprogramm-familie-kinder/